Die karäische Kenesa kann nur von außen oder virtuell besichtigt werden.
Kenesa Panoramos foto
Der Name Kenesa leitet sich vom arabischen Wort Kanisa – Kirche – ab. Es ist jedoch nicht nur ein Gebetshaus, Kenesa hat einen viel höheren religiösen Status, sodass nur religiöse Bräuche darin stattfinden können. Der karäische Glaube selbst (Karaismus) als selbständige Religion hat sich im 8. Jahrhundert in Mesapotamien (Irak) gebildet. Es ist bekannt, dass die Karäer das Alte Testament bekennen und nur seinen ursprünglichen Bestimmungen folgen, ohne seine Kommentare oder Ergänzungen anzuerkennen, weil die Wahrheiten der Heiligen Schrift das moralische und geistliche Leben der Karäer bestimmen.
Die erste Kenesa in Trakai wurde Ende des 14. Jahrhunderts errichtet und ist seitdem mehrmals abgerissen und neu aufgebaut worden. Mehr als einmal wurde das Gebäude von Feuerflammen zerstört, die das Gebäude bis auf die Grundmauern zerstörten. Nach dem letzten Brand im Jahr 1824, als das Gebäude erneut abbrannte, versuchte die Gemeinde, eine Backstein-Kenesa zu bauen, doch es gab keine ausreichenden finanziellen Mittel. Deshalb wurde wieder eine hölzerne Kenesa aufgebaut, die bis heute erhalten ist. In der Zwischenkriegszeit erhielt die Kenesa mehrmals einen neuen Anstrich, aber ihre architektonische Integrität und ihr Plan haben sich nicht geändert, so dass sie immer noch dem architektonischen Wiederaufbauprojekt von Mikhail Prozorov entspricht. Während der Sowjetzeit wurde die Kenesa der einzigen offiziell betriebenen karäischen Kenesa in ganz Europa, obwohl Gläubige dort seit den 1960er Jahren nicht mehr offiziell beten konnten.
Erwähnenswert ist, dass diese Kenesa ein besonderes Interieur hat, das viele Besucher wahrscheinlich angenehm überrascht. Das einzigartige zweistöckige architektonische Gebäude aus Holz spiegelt die Merkmale der karäischen Architektur und Innenausstattung wider. Die Fassadenwand von Kenesa hat drei Fenster, wie in traditionellen karäischen Häusern, die in den Straßen rund um die Kenesa zu sehen sind. In den vier Wände des Gebäudes – fast direkt neben der Dachtraufe – sind zehn gewölbte Glasmalerei-Fenster mit profilierten Kanten eingebaut. Über dem Dach erhebt sich ein kleiner und eleganter viereckiger Turm mit vier Fenstern, die in alle Richtungen der Welt blicken. Der Turm, der einst die Funktion einer Lampe erfüllen sollte, ist außerdem mit einem Blechdach bedeckt, auf deren figurativen Dorn an der Spitze sich eine kleine Kugel befindet.
Interessant ist, dass im Gebetshaus die für die karäische Volkskunst typischen geometrischen und pflanzlichen Ornamente und Motive miteinander verwoben sind. Die Böden sind, was nicht üblich ist, in allen Räumen mit Teppichboden ausgelegt.
Wenn man die Große Halle betritt, sieht man zwei Bankreihen mit erhöhten Rückenlehnen. Die Karäer haben hier eine wirklich schöne Tradition: Normalerweise hat jeder, der in der Kenesa betet, einen eigenen Platz, an dem seine Vorfahren seit Jahrhunderten gebetet haben.
Die Kenesa selbst ist sogar in drei Räume unterteilt. Zuerst findet man einen Vorraum, in dem sich alle Gläubigen vor dem Gottesdienst versammeln. Dann gibt es den Hauptgebetsraum für Männer, in dem ein Altar steht und der von der Eingangshalle durch drei Eingänge betreten werden kann. Traditionell wurden die Altäre aus Zypressenholz gefertigt, was die südliche Herkunft der Karäer unterstreicht. Der Altar, der in Trakai erhalten geblieben wurde, besteht aus drei Ebenen und ist sehr reich verziert.
Der mit vier Kolonen unterstützte Balkon ist für die Frauen gewidmet. Ebenfalls gibt es eine Galerie für Frauen zum Beten. Durch die gesamte dem Altar zugerichtete Wand sind die Hohlräume in Höhe des menschlichen Auges eingerichtet – unterteilt durch niedrige, holzgeschnitzte, neugotische Balustraden, die sich wie Fenster bilden. Durch sie können Frauen beobachten, was in der großen Halle des Gebetshauses passiert. Aber obwohl, wie in allen Gebetshäusern der östlichen Religionen, Männer und Frauen in der Kenesa getrennt beten, gibt es im Erdgeschoss des Gebetshauses eine Bank, auf der normalerweise die Frauen sitzen, denen der Aufstieg zum ersten Stock schwerfällt.
Es gibt auch eine Tradition, dass Frauen – bevor sie aufsteigen – am Eingang zum großen Saal vor dem Altar knien. Die Männer kommen zum großen Saal hinter dem Geistlichen. Alle Gläubigen, die in der Kenesa beten, müssen ihren Kopf bedecken.
Eines der interessanteren Details ist das in der rechten Ecke der Eingangshalle an der Wand angebrachte Waschbecken, das vor dem Gottesdienst zum rituellen Waschen diente. Jetzt erfüllt dieses einzigartige Detail des Inneren des Gebetshauses nur noch eine dekorative Funktion.
Den wohl größten Eindruck wird sicherlich die blau gestrichene achteckige Kuppeldecke hinterlassen. Die Kuppel der Halle bildet den Eindruck von einem Himmel. Der Hintergrund ist mit stilisierten Blütenblättern, die wie Sterne aussehen, bedeckt, und in der Mitte befindet sich eine goldene Rosette, die die Sonne symbolisiert.
Alle Traditionen der Karäer richten sich nach einem eigenen Mondkalender, der die jährlichen Feierlichkeiten festlegt. Die Karäer feiern den besten Tag der Woche – Samstag, den Neumond (der erste Tag jedes Monats), Jahresfeiertage und Fasten.